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Kein Freifahrtschein für TTIP, TISA, CETA & Co. !

Zurzeit werden wichtige, umfassende Abkommen zwischen der EU und anderen großen Wirtschaftsräumen, insbesondere den USA, verhandelt. Die Idee, die dahintersteckt, ist einleuchtend: Durch Abbau u.a. von Zöllen sollen sich die Märkte auf beiden Seiten des Atlantiks füreinander öffnen. Europäische Produkte sollen leichter und kostengünstiger ins Ausland exportiert werden können und umgekehrt. Der nordamerikanische Kontinent bedeutet für die europäische Industrie und den Handel vornehmlich über 350 Millionen potenzielle Kunden. Schätzungen zufolge soll das Transatlantische Freihandelsabkommen der europäischen Wirtschaft ein Wachstum von 0,5 bis 1% bescheren. Das klingt nicht nach besonders viel, doch bekanntlich sind die europäischen Regierungen zurzeit verzweifelt auf der Suche nach Aufschwung und würden selbst bescheidene Wachstumsraten begrüßen. Dies umso mehr, da sich bei den Regierungen (endlich!) die Erkenntnis durchzusetzen scheint, dass den Folgen der Finanzkrise nicht einzig und alleine mit Haushaltskonsolidierung entgegenzutreten ist, sondern dass Initiativen hermüssen, die die Wirtschaft ankurbeln. Wir brauchen dringend neue Impulse für Wachstum und Beschäftigung. Übrigens wäre Luxemburg mit seinem exportorientierten Dienstleistungssektor einer der großen Gewinner auf europäischer Seite.

Die Abkommen allerdings gehen weit über den Abbau von Zöllen hinaus. Obwohl der luxemburgische Außenminister bereits mehrmals unterstrichen hat, dass z.B. Schiedsgerichte aus diesen Abkommen zu streichen sind, so sollte ebenfalls bedacht werden, dass hier auch unsere sozialen, ökologischen und gesundheitlichen Standards auf dem Spiel stehen und von der Gegenseite in Frage gestellt werden. Der Agrarsektor ist in besonderem Maße betroffen. Die Europäische Landwirtschaft und ihre Produkte müssen deshalb geschützt werden. Dasselbe gilt für öffentliche Dienstleistungen, die die Grundversorgung der Bürgerinnen und Bürger sicherstellen sollen. Wir dürfen uns nicht weiter in einer Liberalisierungs- und Privatisierungsspirale verfangen und müssen die öffentliche Daseinsvorsorge auch künftig vor der Gier der „Privaten“ bewahren.

Auf europäischer Seite werden die Verhandlungen von der EU-Kommission geführt. Es liegt in der Natur der Sache, dass Verhandlungen vertraulich gehandhabt werden. Allerdings haben die vielen engagierten Vereinigungen und Gewerkschaften Recht, wenn sie beklagen, dass sie außen vor gelassen wurden, während die Türen der Kommission für Handels- und Industrielobbyisten stets offen sind. Dies schafft keineswegs Vertrauen bei der Bevölkerung!

Um diesem Missstand entgegenzuwirken, hatte das Luxemburger Parlament kürzlich eine öffentliche Anhörung zu diesem Thema mit Vertretern der Zivilgesellschaft veranstaltet. Eine lobenswerte Initiative des Präsidenten des parlamentarischen Ausschusses für Außenpolitik, Marc Angel. Bei diesem Meinungsaustausch konnten Vereinigungen und Gewerkschaften ihre Bedenken und Ängste mitteilen und den Verantwortlichen der EU-Kommission auf den Zahn fühlen. So richtig überzeugen ließen sich die Kritiker allerdings nicht.

Bei allem Pessimismus sollte man dennoch nicht vergessen, dass die Ergebnisse der Verhandlungen nicht von der EU-Kommission angenommen werden, sondern sowohl vom Europaparlament als auch von den nationalen Parlamenten abgesegnet werden müssen. Was bei den Abkommen schlussendlich herauskommen wird, kann zurzeit niemand sagen. Die Verhandlungen werden sich noch über Monate erstrecken.

Klar ist aber eines: Es wird kein Freifahrtschein für TTIP, TISA, CETA und Co. geben! Die Sozialisten, ob im Europaparlament oder in der Luxemburger Chamber, werden die Ergebnisse kritisch prüfen und keinem Abkommen zustimmen, das soziale, ökologische oder gesundheitliche Errungenschaften in unserem Land untergräbt!

(veröffentlicht im Tageblatt Ausgabe vom 3.10.2014)

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