“Neue Besen kehren gut”, so lautet ein bekanntes deutsches Sprichwort. In der Tat verhält es sich oft so, dass Menschen, die zu lange dasselbe tun, irgendwann müde, träge, ideenlos und unfähig zur Selbstkritik werden. Besonders zum Ende der Juncker-Ära 2013 drängte sich dieser Eindruck förmlich auf. Woraufhin die Idee entstand, eine Begrenzung der Mandatsdauer für Regierungsmitglieder vorzuschlagen
Denn mehr noch als in anderen Ländern befördert gerade das politische System Luxemburgs die ausgesprochene „Langlebigkeit” des politischen Spitzenpersonals. Das liegt u. a. am stark personalisierten Wahlrecht durch das Panaschieren einerseits, und an der Tradition der Koalitionsregierungen andererseits, in denen von Amtszeit zu Amtszeit immer nur ein Teil der Minister ausgewechselt wird. Unser heutiges Wahlsystem begünstigt Politiker, deren Bekanntheitsgrad durch die Bekleidung eines Ministeramtes besonders gesteigert wird. Das bringt jedoch mit sich, dass eine Erneuerung des politischen Personals erschwert wird
Zugegeben, es gibt zahlreiche Argumente gegen eine Limitierung der Mandatsdauer auf Regierungsebene. So wird von den Gegnern des Öfteren das Argument der freien demokratischen Entscheidung der Wähler aufgeworfen. Allerdings ist die Demokratie nie absolut: „Demokratie bedeutet auch, Regeln und Beschränkungen durchzusetzen” (Jacques Attali). Solche Regeln und Beschränkungen gibt es in allen demokratischen Staaten, unsere deutschen Nachbarn kennen z.B. eine 5-Prozent- Klausel für den Einzug in den Bundestag, in zahlreichen Präsidialsystemen gibt es eine Beschränkung der Amtszeit von zwei Mandatsperioden, so z.B. in einer der ältesten Demokratien der Welt, in den USA, wo diese Beschränkung für das Präsidentenamt 1951 in die Verfassung eingeschrieben wurde. Es ist auch richtig, solche Regeln rechtlich verbindlich für alle festzulegen, statt sie allein den Parteiapparaten zu überlassen.
Eine Begrenzung der Dauer der Ministermandate wie sie nun den luxemburgischen Wählern im Referendum vom 7. Juni vorgeschlagen wird, ist also keineswegs ein tiefer Einschnitt in die freie Entscheidung der Wähler. Es sei daran erinnert, dass im Gegensatz zu den Abgeordneten im Parlament, die Regierungsmitglieder nicht vom Volk direkt gewählt werden, sondern auf Vorschlag der Regierungsparteien vom Großherzog ernannt werden. Die Wähler haben deshalb nur einen mittelbaren, beschränkten Einfluss auf die Besetzung der Regierungsposten.
Frischer Wind statt Routine
Die Gegner der Begrenzung der Mandatsdauer kritisieren auch, dass diese nur auf nationaler Ebene geplant sei, nicht jedoch auf kommunaler Ebene. Dieser Vergleich hinkt jedoch, denn im Gegensatz zu Regierungsmitgliedern sind der Bürgermeister und die Schöffen immer auch Mitglieder des Gemeinderates und als solche direkt vom Volk gewählt. Auf Regierungsmitglieder trifft dies so nicht notwendigerweise zu. Hier werden also bewusst Äpfel mit Birnen verglichen.
Politiker werden leider allzu oft von der Frage getrieben: „Was muss ich tun, um wiedergewählt zu werden?”. Dies ist ein natürlicher, verständlicher Reflex der allerdings des Öfteren dazu führt, dass wichtige, tiefgreifende, vielleicht unpopuläre aber notwendige Entscheidungen vermieden werden. Wer nicht mehr die Last einer Wiederwahl tragen muss, ist frei die Entscheidungen zu treffen, die er für richtig und für sinnvoll hält. Hätte sich Obama z.B. in seiner ersten Amtszeit getraut eine Versöhnung mit Kuba anzustoßen? Wohl kaum
Es tut der Demokratie nicht gut, wenn ein und dieselbe Person dasselbe Amt während Jahrzehnten bekleidet. Die Begrenzung der Ministermandate wird deshalb unsere Demokratie neu beleben, sie wird für eine regelmäßige Erneuerung des politischen Personals sorgen, sie wird sowohl jungen Menschen als auch Frauen mehr Chancen und Perspektiven in der Politik bieten und hoffentlich auch einen besseren Mix der sozio-professionellen Profile der Politiker herbeiführen. Darüber hinaus erwarte ich mir davon einen frischen Wind, neue Ideen, weniger Routine, einen kritischeren Blick auf das, was bisher war und eine neue Dynamik auch in den Parteien selbst.
Artikel erschienen im Luxemburger Wort am 18.4.2015